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Xenia -- HEAD 

Xenia - Eine neue griechische Odyssee (2014)  
  ☆☆☆
OT: Xenia
Thematik: schwul, Homophobie

Drama
(GR/F/B)
Laufzeit: 02 Stunden 14 Minuten
Premiere: 19. Mai 2014 (Cannes)
Kinostart: 15. Januar 2015
Sprache: Deutsche Synchronisation

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ARTIKEL ZU XENIA
Die besten schwul-lesbischen Filme 2015



CAST VON XENIA

Kostas Nikouli (Danny) ♂♂
Nikos Gelia (Odysseas)
Kostis Rampavilas (Castingkandidat) ♂♂
Yannis Stankoglou (Lefteris Christopoulos) ♂♂

Aggelos Papadimitriou (Tassos Peris) ♂♂
Patty Pravo (Patty Pravo)
Marissa Triandafyllidou (Vassiliki Christopoulos)

Romanna Lobats (Maria-Sonia)
Electra Leda Koutra (Antigone)
Dinos Psychogios (Bully)


Regie: Panos H. Koutras
Drehbuch: Panos H. Koutras und Panagiotis Evangelidis


HANDLUNG VON XENIA
Den 16-jährigen unbedarften Danny treibt es nach dem Tod der Mutter in das vibrierende Athen zu seinem toughen älteren Bruder Ody. Die Ereignisse überschlagen sich, als sie durch Dannys Ungeschicklichkeit gezwungen sind, vor der Polizei zu flüchten. Spontan folgen sie nun ihren Träumen: ihren Vater zu finden und ein Casting bei GREEK SUPERSTAR zu ergattern… Unterwegs merken sie, dass sie trotz aller Differenzen nichts und niemand auseinander reißen kann…
 

 
KRITIK
★★★★★★★☆☆☆
Die griechisch-albanisch-italienische Co-Produktion XENIA von Panos H. Koutras entwickelte sich nach seiner Premiere in Cannes zum internationalen Festival-Überraschungshit. Zu Recht. Koutras nimmt sich zwei Stunden Zeit, ein vielschichtiges Gesellschaftsportrait seines Heimatlandes zu inszenieren - ein Griechenland jenseits von Eurokrise und Kulturbanalitäten.

Xenophobie, die Angst vor dem Unbekannten, dem Fremden, der Andersartigkeit, ist das titelgewidmete Stichwort, zu dem der Film immer wieder zurückkehrt. Wir werden Zeugen, wie Faschisten prügelnd und "Araber raus!" rufend Angst und Schrecken verbreiten. Wie Polizisten Albaner schikanieren. Wie Gewalt alltäglich geworden ist. Ody, den das angespannte Klima sichtlich verhärtet hat, verbietet es Danny einzugreifen, als am hellichten Tag in aller Mitten, Männer ein Kind herumschubsen. Die sollen bloß nicht merken, dass die beiden ebenfalls Albaner sind - und erst recht nicht, dass Danny schwul ist, das wäre noch schlimmer. Man wundert sich, woher der schmächtige Danny die Courage nimmt, gegen die Unterdrückung aufzubegehren. Woher den Leichtsinn, alles nicht so schwer wie Ody zu nehmen. Danny ist in Kreta aufgewachsen, wo es genauso zugeht.

Es ist diese Ambivalenz, die
XENIA zu einem authentischen Zeugnis macht. Jene zwischen den Bevölkerungsgruppen, zwischen den Brüdern als auch innerhalb beider Figuren. Ody, nach außen kalt und ruppig, kommandiert Danny herum, beschimpft ihn als Schwuchtel und Freak. Doch wenn er fernab vermeintlich feindlich gesinnter Menschen Schlager singt oder richtig betrunken ist, kommt plötzlich eine andere Seite zum Vorschein. Dann tanzt er tuffig und leidenschaftlich, tollt ausgelassen und kindlich mit Danny, träumt von einem eigenen Hotel im Wald. Und dann wird Danny plötzlich zum Spielverderber und konfrontiert Ody mit der Realität, in der beide kaum noch Geld haben und von Abschiebung bedroht sind.

XENIA balanciert zwischen liebevoll ausgeschmückter Traumwelt, Surrealismus und harter Realität, zwischen Hoffen und Bangen, Spannung, Drama und Komödie, und bleibt sich dabei immer treu. Koutras zaubert überraschende und berührende Signaturszenen aus den Ärmel - wie den Hasen, der Danny als treuer Begleiter zur Seite steht.

Dass das europäische Queer Cinema längst nicht zuende erzählt ist, beweist uns Koutras und legt nach
STRELLA (2009) nun zugleich die Latte für seinen nächsten Film noch ein Stückchen höher. Ob er da noch drüber kommt?
[Johannes Jarchow]

Queerfaktor: 9
| Bunnyfaktor: 7.5

 


  
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QUEERmdbINFO
XENIA ist der vierte Spielfilm des griechischen Regisseurs und Autors Panos H. Koutras. Allen vier einen die vielfältigen LGBT-Bezüge. 1999 debütiert Koutras beim Athener Filmfestival mit seiner ScienceFiction-Trash-Orgie DER ANGRIFF DER RIESENMOUSSAKA. 2004 hat REAL LIFE seine Premiere beim Toronto International Film Festival. Fünf Jahre später folgt Koutras vielbeachtetes Transgender-Drama STRELLA (2009), das in der Panorama-Sektion der Berlinale und auf über zwanzig weiteren internationalen Filmfestivals läuft.


ARTIKEL ZU XENIA
Die besten schwul-lesbischen Filme 2015
★★★★★★★☆☆☆
Es beginnt mit einem Blowjob – zauberhafter Jüngling und reifer, hmm, Freier? Bekannter oder Freund, der mit Geld aushilft und Gegenleistungen erhält?

Ob die Anspielung auf MY OWN PRIVATE IDAHO (1991) bewusst gewählt ist, in dem eine analoge Szene River Phoenix in seiner Rolle als Stricher Mike Waters etabliert oder nicht, egal: Auch andere Kritiken schreiben von „the quirkiest queer road trip since My Own Private Idaho“.

Der Auftakt jedoch verdeutlicht bereits die Differenz zum Film aus den frühen 90ern: Hauptdarsteller Kostas Nikouli ist halt kein River Phoenix. Was aber ja auch nicht sein muss.

Nikouli agiert verspielter, verschmitzter, harmloser und posiert zumeist mit einem Lolli im Mund. Er beherrscht XENIA souverän, nimmt es für sich ein und sorgt für emotionale Zuschauerbindung. Doch die Doppelbödigkeit aus Verzweiflung und Humorigem, Tiefe, Verwirrtheit und schier unerträglicher Verletzlichkeit, die sich in Phoenix’ Blick ausdrückt, als sein Kunde ihm nach professionellem Orgasmus das Geldscheinbündel auf die Brust wirft – die erlangt Nikouli trotz schauspielerischer Charme-Offensive nicht. Und das charakterisiert den Film insgesamt treffend.

Das, was zunächst als Thema erscheint, ist ein großes: XENIA springt mit seiner Prämisse und dem erfolgten „Ruf zum Abenteuer“ zunächst mitten hinein in das sozialrealistische Drama. Zwei Söhne einer albanischen Mutter sind nach deren Tod von der Abschiebung aus Griechenland bedroht. Sie machen sich auf die Suche nach ihrem griechischen Vater, um der staatlichen Aggression zu entgehen.

Der Film illustriert zunächst das alltägliche Erleben der von Polizei und Neofaschisten Verfolgten und Gegängelten: People of Colour in den Straßen Athens; baut so eine hochpolitische Kulisse auf. Auch der Titel etabliert dieses Sujet: XENIA heißt zu deutsch – allen Recherchen zufolge – „Gastfreundschaft“ und ist zugleich der Name einer im Konkurs versunkenen Hotelkette. Der Film spielt auf die Leben der Entrechten an, für die Hannah Arendt „das Recht, Rechte zu haben“ einforderte. Und verfolgt sie dann nicht weiter.

Nachdem der soziopolitische Druck massiv auf zwei ungleiche Brüder einwirkt und sie antreibt, gemeinsam auf die Suche zu gehen, verschwindet dieser Erzählrahmen auch schon wieder. Später ploppt noch einmal aggressive Schwulenfeindlichkeit auf – und ist dann ebenso plötzlich wieder weg. Zwei kurz angebahnte, mögliche schwule Love-Affaires gehen mitsamt ihrer Figuren prompt wieder verloren, und die Entrechteten in den Straßen Athens dienen eher als Staffage.

Ganz so, als misstraue Regisseur Panos H. Koutras dem Sozialdrama, kontrastiert er das eigens Etablierte mit surrealen und märchenhaften Sequenzen – bis zur Mitte des Films. Dann kommt auch dieses Stilmittel abhanden. In diesen Sequenzen spielt ein weißer Hase die Hauptrolle.

Die meisten Kritiker dachten im Hasen-Fall an DONNIE DARKO (1991)*. Mir fiel eher MEIN FREUND HARVEY (1950)* ein.

Und da – vielleicht – die Vatersuche doch zu nahe an jener nach der Mutter in MY OWN PRIVATE IDAHO (1991)* situiert sein könnte, brechen die beiden Helden zugleich zu einem Casting einer griechischen „Superstar“-Sendung auf. Hier entwickelt der Film seine Stärken: Das angenehm ungebrochene und hinreißend pathetische Spiel rund um südeuropäische „Schlager“, die den Soundtrack füllen, inszeniert Koutras als Camp ganz und gar gelungen. Bis hin zum sexy Brüder-Tanz in einer Hotelruine zu campy Musik.

Ansonsten interessiert den Regisseur vor allem die Dynamik zwischen dem quietschbunten, blondierten und sehr „süßen“ schwulen Dany und seinem handfesten, grantelnden Hetero-Bruder Ody. Das ist so einer mit Herz am rechten Fleck (Nikos Gelia) und behaarter Brust darüber. Die Konstellation ist doch ein wenig dem Klischee verfallen – was der verträumte, zu plötzlichen Zornausbrüchen fähige Dany ungelenk anschiebt, erdet anschließend Ody. Hätte auch andersrum erzählt werden können. Und das wäre interessanter gewesen. So singt aber immerhin Ody die Schmachtfetzen voller Elan.

Was zur größten Schwäche des Filmes überleitet: Wohl, um eine Parallelmontage am Ende des Filmes zwischen Show-Casting und finaler Konfrontation stimmig zu gestalten, musste weiter vorne auf der Timeline eine Pistole in das Drehbuch eingebaut werden. Dem spüren die Zuschauenden, die sich ein wenig mit Drehbuchschreiben auskennen, eine gewisse Not an. Es ist ein Element, das eher aufgepropft erscheint, als dass es aus den Figuren entwickelt würde – trotz Danys impulsiver Ader. Eines, das beinahe in die filmische Katastrophe führt. Das fiel den Machern wohl auch auf, sie bekommen noch die Kurve – so dass das Ende dann doch vollumfänglich befriedigt.

Wie letztlich ja auch der ganze Film. Es ist kein Meisterwerk wie MY OWN PRIVATE IDAHO. Doch XENIA beweist den Mut, im Unausgegorenen zu verharren und macht Spaß.

Eine gewisse Scheißegal-Haltung gegenüber all den enthaltenen Anspielungen garantiert seinen Charme. Ihnen schmettert Koutras ein „Ich mach die Welt wie sie MIR gefällt“ entgegen. Ganz so, wie es auch im Schlager der im Film eine Gastrolle ausfüllenden, mehrfach zu hörenden italienischen Diva Patty Pravo erklingen könnte. Und auch dazu sind Filme ja da, so trivial das klingt: Ihre eigene Realität zu erschaffen. XENIA macht das sehenswert und selbstbewusst.

Und Brillanz muss ja auch gar nicht sein. Diese gar nicht erst anzustreben kann einen Film wie XENIA hervor bringen – und somit auch erfüllte Lebenszeit beim Zuschauen. [Momo Rulez, metalust.wordpress.com]
   
 
 

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