DramaQueen User Award 2015 Die 5 besten schwul-lesbisch-trans*genialen Filme des Jahres |
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14.02.2016 [Johannes Jarchow] | |||
Das polare Licht des milden Winters zieht einen
Schlussstrich unter das Jahr der besorgten Idioten und schneeweiß
polierten Oscarnominierungen. Es ist die Zeit
der Listen, welche Schlagzeile die bedeutsamste,
welches Unwort das schrägste, welcher Film der beste, welcher der schlechteste,
der gruseligste, lustigste
oder
berührendste war. An dieser Stelle heißt die Kategorie
natürlich Best of LGBTIQ, also Filmperlen mit lesbischer, schwuler,
bisexueller, transsexueller und/oder intersexueller Thematik.
Wir fliegen mit dem Traumschiff Surpise durch die Sternstunden des Queer Cinema
auf der Suche nach der einen, der hellsten, der strahlendsten, rosarot schimmernden Sonne
- DramaQueen 2015. #LIEBEGEWINN(T)SPIEL Von den fünf am besten bewerteten Filmen sind drei im Verleih von Edition Salzgeber, womit ein erster Gewinner schon feststeht. Drei weitere folgen, denn wir verlosen drei DVDs des diesjährigen Preisträgers. Aber vor der Vergabe des DramaQueen User-Award 2015 stehen vier weitere Favoriten, die es wert sind, unter die Lupe genommen zu werden. PLATZ 5: DUKE OF BURGUNDY (7.7 von maximal möglichen 10 Punkten) |
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© Edition Salzgeber |
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Die weltweite Zuschauerbegeisterung für
den ausschließlich mit Frauen besetzten Film
THE DUKE OF BURGUNDY ist
im Angesicht der reduzierten und rätselhaften Handlung und dem
doch eher geringen Unterhaltungsfaktor bemerkenswert.
Regisseur und Drehbuchautor Peter Strickland hatte sich bereits
zuvor mit
BERBERIAN SOUND STUDIO einen Namen gemacht. Das
Arthaus-Psychodrama ist ebenso sonderbar, subtil und audiovisuell
verschwerpunktet, beeindruckend im besten Sinne des
Wortes. - wenn man sich, das Lieblingsphrasenschwein der
Filmkritik: darauf einlässt. Das habt ihr getan und
den DUKE OF BURGUNDY
(übrigens eine Schmetterlingsart) zum besten Lesbenfilm 2015
erklärt. Mit einem übersprungsartigen Metakommentar
bauen wir eine Brücke zu Platz 4: Als Cynthia Evelyns Verzückung
im Angesicht der Kiste sah, wünschte sie ihr plötzlich, mit
brutaler Macht eine Eichenholzallergie herbei. PLATZ 4: CUT SNAKE (7.7) |
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© Pro-Fun Media |
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Machen wir einen kleinen Ausflug in die Musikwelt.
Susanne Sundfør, die großartigste
Singersongwriterin Skandinaviens (seit die Cardigans im
Mülleimer der Geschichte gelandet sind und Nina Persson im Suff ihr
Songwriting-Mojo verloren hat), wollte nach ihrem
elegischen
SILICONE VEIL (2012) ein abgründiges Album
über Gewalt machen. Am Ende hieß es
TEN LOVE SONGS (2015). Was sagt uns das?
Liebe und Gewalt haben viel gemein. Oder um es mit Hegels
berühmten Gleichnis zu formulieren: Liebe ist Herrschen
und Dienen. Eine Dialektik, die in
CUT
SNAKE mit einer prickelnd-düsteren
Athmosphäre brillant und konsequent verhandelt wurde - wie auch
in Stricklands SM-Drama und in
SAG NICHT WER DU
BIST, dem letztjährigen Gewinner der
Redaktions-DramaQueen für den besten
lesBisch-schwulen-trans*genialen Film. Wird es 2015 Zeit für
einen Perspektivwechsel? Gegenentwürfe folgen auf dem
Siegertreppchen, Bronze, Silber und Gold ... PLATZ 3: LIEBE GEHT SELTSAME WEGE (8.0) |
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© Sony Pictures Home Entertainment |
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Wir müssen über schlechte Filmtitel reden. Wie kann man
ein queeres Drama ausgerechnet
LIEBE GEHT SELTSAME
WEGE nennen? 1919, der
Geburtsstunde des schwul-lesbischen Films, passte
ANDERS ALS DIE
ANDEREN vielleicht noch in das Gesellschaftsbild. Aber 2014? Den
Originaltitel LOVE IS STRANGE kann man noch als nichtssagenden
Allgemeinplatz abtun, aber zusammen mit der deutschen Variante
hat auch das einen faden, um nicht zu sagen homobhoben Beigeschmack.
Was absurd ist, gehört doch Regisseur Ira Sachs zu den
großen Helden des Queer Cinema. Er gilt mit seinem Teddy-Award
ausgezeichneten Liebesdrama
KEEP THE LIGHTS ON (2012)
sogar als Initiator einer neuen Welle schwuler Filme, die als
nächsten Schritt der medialen Emanzipation des New Queer Cinema, Homosexualität
von Klischees zu befreien, die Anomalie endgültig
verweigerten. Weg mit dem Coming Out, dem Selbstmitleid, dem
Hadern, dem Problematisieren und Abgrenzen. Wir sind nicht
anders, wir sind genauso verkorkst wie alle anderen auch. PLATZ 2: HEUTE GEHE ICH ALLEIN NACH HAUSE (8.1) |
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© Edition Salzgeber |
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Aprospros seltsame Filmtitel. Warum
THE WAY
HE LOOKS in Deutschland unbedingt in Anlehnung an den vorangegangenen
Kurzfilm HEUTE GEHE ICH ALLEIN NACH HAUSE heißen musste, wird wohl
ein Geheimnis der ewigen Künste deutscher
Filmtitel-Kreations-Desaster bleiben. Aber das ist jetzt wirklich das
letzte Mal, dass hier gemosert wird, wir sind schließlich im Finale.
Und es gibt auch nichts, worüber man bei eurer zauberhaften Vizekönigin
mosern könnte. Da herrscht weltweit Einigkeit unter den Zuschauern. Der
Overall-Score verschiedener Film-Communities beträgt bei geringer Varianz 8 Punkte,
ebenso wie die redaktionelle Bewertung.
Platz 2 (nach
MEIN SOHN HELEN) auch bei der Anzahl der Facebook-Daumen,
Platz 1 bei der Anzahl abgegebener Stimmen. Und da bereits der Teddy-Award für den besten
Spielfilm im Regal von Regisseur Daniel Ribeiro steht, kann er das
vermeintlich knappe Verpassen des
DramaQueen User-Awards bestimmt
verknusen. Wie knapp es war, lösen wir gleich auf - falls ihr nicht
schon geschmult habt. Zuvor
gibt es noch ein Queerstatement von Regisseur Daniel Ribeiro zum Thema
New Wave Queer Cinema: Filme, die Homosexualität nicht als Problem
begreifen, erzählen von ihr meist als einem Gegenstand der Handlung,
dessen Konfliktpotential aufgelöst werden will – so dass die
Gesellschaft, die Familie und Freunde Schwulsein als etwas „Normales“
akzeptieren lernen. PLATZ 1: JONGENS (8.7) |
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© Edition Salzgeber |
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Eindeutiger hätte das Ergebnis kaum aussehen
können. Mit überragenden 8.7 Punkten liegt
JONGENS
deutlich vor dem Zweitplatzierten, wurde am häufigsten als Lieblingsfilm
genannt und gehörte bei der Anzahl der abgegebenen Bewertungen zu den Spitzenreitern.
Somit ist es amtlich und robust: Der DramaQueen User-Award 2015 für den
besten lesbisch-schwulen-trans*genialen Film geht hochverdient an das
niederländische TV-Drama JONGENS, das
die erste niederländische Verfilmung einer schwulen
Teenagerliebe ist. Im Focus stehen dabei nicht die Reaktionen der Umwelt
auf das Coming Out, sondern, ganz im Sinne des New Wave Queer Cinemas,
das Erleben der Protagonisten, die aufkeimende Liebe, die inneren
Spannungen. Interessanterweise gilt das für vier Filme der vorderen
Ränge 1 - 5. Nur in LIEBE GEHT SELTSAME WEGE
wird die von Außen einwirkende Homophobie thematisiert. Und das könnte
man vielleicht als Fazit zum diesjährigen Voting ziehen: Wir wollen
eigene, "selbstbestimmte" Konflikte
sehen und nicht länger die Opferrollen. Damit hat sich das
Queer Cinema lange genug herumgeschlagen. Wir wollen nach vorn schauen,
nicht nach hinten. Ob deutsche TV-Filme das Homo-Stigma
irgendwann überwinden, ist nicht abzusehen. Das Coming-Out-Drama
AUS DER
HAUT, das dieser Tage seine Premiere in der ARD hatte, wiederholte einmal
mehr das alte Lied vom gemobbten, schwulen Teenager. Natürlich gehört
das immer noch zu unserem Alltag, aber können wir nicht wenigstens im Film
zu einer reiferen, toleranteren Gesellschaft vorspulen? Wer JONGENS noch nicht gesehen hat, sollte dies schleunigst nachholen (amazon-Link). Für drei von euch gibt es einen Lieferservice frei Haus. Edition Salzgeber hat uns freundlicherweise drei DVDs zur Verfügung gestellt, die wir Ostersonntag (27. März) verlosen. Schickt uns einfach den hashtag #liebegewinnt via Mail (@queermdb[.]de), facebook oder Youtube. Viel Glück! Die Befragung zu den besten Filmen 2016 ist bereits gestartet. Die Filmliste wird alle zwei Wochen aktualisiert, das heißt, es kann mehrfach abgestimmt werden. Hier geht es zur DramaQueen Userwahl 2016. Plätze 30 - 26 | 25 - 21 | 20 - 16 | 15 - 11 | 10 - 6 | 5-1 | Abstimmung 2016 |
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