QUEERmdbKRITIK
Auf der einen Seite ist HIT & MISS zweifelsohne ein beeindruckendes Projekt. Eine Transsexuelle als Auftragskillerin, das gab es noch nicht. Chloë Sevigny in der Hauptrolle - phänomenal. Die Kamera fängt großartige Bilder ein, es gibt immer wieder sehr spezielle Momente jenseits abgetrampelter TV-Pfade.

Auf der anderen Seite fehlt vielen Charakteren eine ambivalente, authentische Balance. Der hässliche, fiese Mann mit dem hässlichen, fiesen Köter und dem hässlichen, fiesen Arschlochkind - der zu allem Überfluss seine Frau schlägt und alle Menschen permanent erniedrigt. Das ist zuviel des Hässlichen und Fiesen. Die Eigenschaften sind nach diversen Schubladen verteilt. So wie bei Riley, die permanent wütend und traurig ist. So wie beim kauzigen Liam (Ben Crompton könnte der Zwillingsbruder von Ben Foster sein), der nicht redet und eine gute Seele ist.

Die einzige, wirkliche Ambivalenz findet man bei Mia. Sie tötet Menschen und isst Minuten später unbeeindruckt Fish und Chips mit den Kleinen. Wenn sie sich bedroht fühlt, wird sie handgreiflich. Was sich aus ihrer Biographie logisch ableitet. Friss oder werde gefressen, mache andere zum Opfer, bevor du selbst zu ihrem Opfer wirst. So hat sie es gelernt. Das Eiskalte, Soziopathische steht der unbedingten Liebe den ihr anvertrauten Kindern eigentlich unvereinbar gegenüber. Aber auch hier gibt es eine unterschwellige Distanz. Mia agiert wie aus einem permanten Beschützer-Instinkt heraus. Aufopfernd, aber nicht zärtlich.

Erstaunlicherweise bleibt die transsexuelle Thematik ein Randphänomen, das kaum für Reibung sorgt. Im Großen und Ganzen sind Mias Mitmenschen von ihrem Penis unbeeindruckt. Einzig in der sich entwickelnden Beziehung zu Ben (damn sexy in a damn british way: Jonas Armstrong) kochen kurz homophobe Resentiments hoch.

Fazit: HIT & MISS wird zurecht gelobt und gefeiert, hat aber einige Schwächen, die vor allem im Drehbuch von Sean Conway zu verorten sind. Nichtsdestotrotz ist die Serie mit ihrem außergewöhnlichen Grundkonzept und dem grandiosen Cast eine mutige Ausnahmeerscheinung unter den vielen mittelmäßigen Europäischen Serien und wird hoffentlich den Weg für weitere solcher Projekte ebnen.