Call Me by Your Name (2017)
Bester Gayfilm des Jahres? Nicht so voreilig!
Nein, CALL ME BY YOUR NAME ist nicht der versprochene Heilsbringer des Queer Cinema, und der selbstsicher-heterosexuelle Zuschauer hebt zurecht die Augenbrauen ob der spitzen Schreie in der Loge und der ersten Reihe. Natürlich ist das da vorn auf der Leinwand stimmungsvoll und poetisch und sexy (deswegen 8 Punkte), aber eben kein neuer Berg im BROKEBACK (und keine 10).
Zum einen ist die Beziehungsdynamik von Eliot und Oliver oft wenig nachvollziehbar (Wer macht gerade warum einen Rückzieher?), anders gesagt: die viel gelobte Chemie ist in Wirklichkeit zu wenig (re)aktiv, zum anderen erscheint Armie Hammer immer unterkühlt und gehemmt. Seine Liebe bleibt bis zum Schluss Behauptung. Typisch hier die Pfirsich-Szene, in der
Oliver das Sperma von Elio verspeisen möchte. Ein äußerliches, erkaltetes Objekt. Das Subjekt sieht dabei genauso aus, als würde es Salami essen. Armie Hammer bleibt On/Off-Objekt - der Begierde von Elio.
Außerdem ist die übertrieben perfekte Familienidylle mitsamt der lehrbuch-der-erziehungswissenschaften- Toleranz (bis zur Kuppelei und Selbstaufgabe) zwar Balsam für Coming-Out-Leidgeplagte, aber uninteressant. Und ein Märchen will das Liebesdrama offensichtlich nicht sein. Oder seit wann onaniert ein Märchenprinz in einen Pfirsich?
QUEERfaktor: 8 (Abzüge für die epilogische Heterohochzeit von Oliver; das waren die Achtziger und nicht die Fünfziger!)
BUNNYfaktor: 7.5 (Abzüge dafür, dass der Heterosex explizit ist und der Homosex mal wieder nur im Kopf stattfindet; kann man machen, aber wenn dann bitte auch gleichberechtigt!)