DRAMAqueen USERaward 2020: Die 10 besten schwul-lesbisch-trans*genialen Filme des Jahres
Hier sind die Plätze 10 bis 6 der beliebtesten Filme mit schwuler, lesbischer oder trans* Thematik 2020.
Johannes Jarchow | 24.01.2021
Platz 10: Der Honiggarten (7.3/10)
DER HONIGGARTEN - DAS GEHEIMNIS DER BIENEN kam im September 2019 in die Kinos und ging damit zunächst für die DRAMAqueen 2019 ins Rennen. Die Anzahl der abgegebenen Bewertungen hat aber nicht ausgereicht, um für den USERaward berücksichtigt zu werden. Das änderte sich mit der Veröffentlichung auf Stream, DVD und BluRay im Januar 2020 und der Aufnahme ins Repertoire der kostenlosen Inklusivstreams bei amazon prime. Für die DRAMAqueen 2020 hat es zwar nicht gereicht, aber ein Platz in der Top-10 der beliebtesten LGBT-Filme des Jahres und eine tolle Bewertung sind auch ein Grund zum Feiern. Worum geht es? Die bisexuelle, kanadisch-neuseeländische Schauspielerin Anna Paquin spielt im Schottland der frühen 1950er eine Ärztin, die als Frau in ihrem Beruf sowieso schon mit Vorurteilen zu kämpfen hat. Dass sie dann noch die in finanzielle Nöte geratene Mutter eines jungen Patienten bei sich aufnimmt, bringt die Dorfbewohner erst recht gegen sie auf. Wie schon in der Romanvorlage von Fiona Shaw* gibt es eine mystische Wendung, die bei Zuschauern und Kritikern auf geteiltes Echo stieß. Für Oliver Kube von filmstarts.de hat der "Ausflug in regelrechte Fantasy-Gefilde inklusive einer schwer zu schluckenden Holzhammer-Metaphorik" den ganzen Film ruiniert. Die QUEERmdb-User sind da offensichtlich anderer Meinung.
Platz 9: Nina Wu (7.6)
Dass ein so ungewöhnlicher und stellenweise auch sehr anstrengender Arthouse-Film wie NINA WU es bis auf Platz 9 geschafft hat, macht uns stolz. Ihr habt all die Jahre einen wirklich guten Job gemacht und ein tolles LGBT-Filme-Ranking erstellt, bei dem anspruchsvolle Außenseiter-Filme genauso großen Chancen auf eine hohe Bewertung haben wie kommerzielle Unterhaltungsfilme. Und unterhaltsam ist NINA WU wirklich nicht. Eine lesbische Schauspielerin kommt bei ihrem Versuch, den Durchbruch in einer männerdominierten Filmwelt zu schaffen, unter die Räder. Sie opfert die Beziehung zu ihrer großen Liebe Kiki und durchlebt ein Martyrium, das mitunter schwer zu ertragen ist. Die Geschichte steht stellvertretend für all das, was Frauen im Showbusiness von mächtigen Entscheidern angetan wird. Wie Shelley Duvall bei den Dreharbeiten zu SHINING* in den Wahnsinn getrieben wurde, ergeht es Nina Wu. Der Regisseur misshandelt sie vor aller Augen am Set, um sie in die gewünschte Emotionalität zu bringen. Und so gerät der Satz, den Wu beim Casting und beim Dreh immer wieder aufsagen muss, „Sie nehmen mir nicht nur meinen Körper, sie nehmen mir auch meine Seele.“, zur tragischen Realität. Der Traum, ein Filmstar zu werden, entpuppt sich beim Blick hinter die Kulissen zum Alptraum. Ein wichtiger, kluger Film, der am 16. April als Stream und auf DVD veröffentlicht wird.
Platz 8: Giant Little Ones (7.7)
GIANT LITTLE ONES bringt frischen Wind ins Queer Cinema. Viele Szenen sind so anlegt, dass die sexuelle Orientierung der Figuren in der Schwebe bleibt. So kommen sich die besten Freunde Franky und Ballas in einer Nacht näher, was die Freundschaft in eine Krise stürzt. Es folgen gegenseitige Beschuldigungen, Gerüchte, Gewalt und Mobbing. Homophobie ist das zentrale Motiv von GIANT LITTLE ONES. Wobei mehrfach Momente aufblitzen, in denen Hass und Selbsthass durchbrochen und überwunden werden. Etwa als sich die Hälfte des Schwimmteams mit einem schwulen Mitglied solidarisiert und sich gemeinsam mit ihm umzieht, was die andere Hälfte ablehnt. Das kanadische Coming-Of-Age-Drama geht über das übliche schwule Problemkino hinaus, indem es die Grenzen zwischen dem LGBTIQ-Alphabet immer wieder verwischt und infrage stellt. GIANT LITTLE ONES ist wie DER HONIGGARTEN kostenlos bei amazon prime streambar. Und das sind nicht die letzten Filme eures Rankings. Es folgen noch zwei Prime- und zwei Netflix-Streams.
Platz 7: Futur Drei (7.7)
FUTUR DREI ist ein deutsches Queerdrama von Faraz Shariat und feierte seine Premiere im Februar 2020 auf der 70. Berlinale. Dort gewann er dann auch den Leserjury-Teddy von queer.de und den Teddy-Award für den besten Spielfilm. In der Jurybegründung heißt es: "This year’s award for best feature is a politically disruptive portrait of a new generation. An extraordinary achievement for a director so early in his career, this film draws on contemporary issues and aesthetic trends to forecast not only the future of German cinema but of Germany itself." Am 24. September kam der Film in die deutschen Kinos und hatte dabei trotz der Corona-Auflagen-bedingten deutlich reduzierten Sitzplatzkapazitäten großen Erfolg. Mit 32.012 Kinobesuchern war dies für Salzgeber das zweitbeste Einspielergebnis eines Queerfilms der letzten fünf Jahre. Im Mittelpunkt des autobiografischen Dramas steht Parvis, dessen iranische Eltern kein Problem mit seiner Homosexualität haben. Parvis arbeitet Sozialstunden in einem Flüchtlingsheim ab und freundet sich dort mit den iranischen Geschwistern Amon und Banafshe an. Zwischen Parvis und Amon knistert es schon bald, allerdings muss ihre Liebe wegen der homophoben Ressentiments unter den Geflüchteten geheim bleiben. Die Heimkino-Veröffentlichung erfolgt am 24. März 2021.
Platz 6: Berlin Alexanderplatz (7.7)
Mit 53.771 Kinozuschauern ist BERLIN ALEXANDERPLATZ der an der Kinokasse kommerziell erfolgreichste Queerfilm der DRAMAqueen-Top-10. Noch erfolgreicher war nur euer Platz 17, NARZISS UND GOLDMUND. Auf den vorderen Rängen der LGBT-Kinocharts befinden sich ausschließlich Filme, die es nicht auf die DRAMAqueen-Shortlist geschafft haben, hauptsächlich weil sie zu wenig queer waren. Auch bei BERLIN ALEXANDERPLATZ könnten man dies einwenden. Die einzigen eindeutig queeren Figuren, der schwule Gangsterboss Pums (Joachim Król) und die transsexuelle Berta (gespielt vom niederländischen Cisgender-Schauspieler Nils Verkooijen), haben angesichts der Mammutlaufzeit von drei Stunden relativ wenig Screentime. Aber die zentrale Beziehung des Films zwischen dem afrikanischen Immigranten Francis und dem Drogendealer Reinhold ist mehr als nur im Subtext schwul. Zwar überschreiten die beiden niemals die Grenze einer Bromance wie in der ähnlich gelagerten Beziehung des trauernden Witwers Tom und des soziopathischen Bruders des Verstorbenen im grandiosen Thrillerdrama TOM AT THE FARM (DRAMAqueen-Preisträger 2014), aber die gegenseitige Anziehung hat obsessive Züge. Sie können nicht voneinander lassen.
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