Queer Cinema Kinocharts 2021
Die Filmförderungsanstalt hat die Kinobilanz 2021 veröffentlicht. Erwartungsgemäß ist die Zahl der Kinobesucher im Deutschland des zweiten Corona-Jahres weiterhin niedrig, aber höher als 2020. Anlass genug das Abschneiden von Filmen mit schwulen, lesbischen, bisexuellen, trans* und queeren Figuren an der Kinokasse zu analysieren. Es gibt eine kleine Nachkorrektur bzw. Aktualisierung der Zahlen aus dem Artikel zum DRAMAqueen USERaward 2021.
Johannes Jarchow | 3.3.2022
Der coronabedingte Kino-Shutdown bis Mitte Mai und die weiterhin deutliche Reduzierung der maximalen Auslastung durch die Abstandsregelungen belasteten die Kinobetreiber sehr. 2021 gab es rund 40,2 Mio. Kinobesuche. Das sind zwar 2,1 Mio. mehr als 2020 (+10,4 %), wo es gleich zwei Lockdowns gab, aber 76,5 Mio. weniger als vor Corona (-64,5 % im Vergleich zu 2019). Der Umsatz lag mit 373,2 Mio. Euro 17,4 % über dem von 2020, aber 63,6 % unter dem von 2019. Die Zahl der Orte mit eigenen Kinos ist um vier auf 939 gesunken. Der Marktanteil deutscher Filme liegt nach pandemiebedingten 35,1 % im Vorjahr nun bei 21,7 %. Davon kann das queere Kino natürlich nur träumen.
Während 2019 noch über 700 Produktionen im Kino veröffentlicht wurden, ging die Zahl 2020 um fast die Hälfte auf 408 zurück und stieg 2021 auf 467 an. Erfreulicherweise blieb der Anteil von Filmen mit schwuler, lesbischer, bisexueller oder trans* (Neben-)Thematik stabil, die LGBT-Quote stieg minimal um 0,1 Prozentpunkte auf 7,9 %. Die größte prozentuale Veränderung gab es bei der Transgenderthematik (2020: 3 Filme, 2021: 5 Filme). Schwule Haupt- und Nebenfiguren kamen in 4,9 % aller Kinofilme vor (+0,5 %), lesbische Charaktere gab es bei 2,6 % (-0,8 %), die bisexuelle Thematik kam auf 2,4 % (+0,2 %) und trans* waren 1,1 % (+0,3 %).
Die kommerziell erfolgreichsten Filme mit queerer (Neben-)Thematik waren ETERNALS, der erste Marvel-Film mit einem schwulen Superhelden erschien letzte Woche 4K-Blu-Ray, DVD und Stream, CANDYMAN* - ebenfalls mit einer schwulen Nebenfigur, FREAKY und AMMONITE.
Insgesamt kauften 2021 1,07 Mio. Menschen Kinotickets für einen Film mit queerer Neben- und Hauptthematik. Das sind 0,6 Mio. weniger als im Vorjahr. Der Anteil der queeren Filme an der Kinokasse fiel mit 2,5 % auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Medienstudie (2010). 2019 waren noch 4,4 % aller verkauften Kinotickets queer. Dabei gab es 2021 mit ETERNALS einen echten Blockbuster. Daneben fehlten aber weitere Zuschauermagneten. Rechnet man ETERNALS heraus, fällt der Anteil auf 0,7 %. Die größten Flops waren das kräftig onlinebeworbene, lesbische Liebesdrama von Paul Verhoeven, BENEDETTA, und Viggo Mortensens Regiedebüt FALLING.
Es ist auch nicht so, dass die Kinobetreiber im Zuge der Corona-Krise vermehrt auf heteronormativen Mainstream gesetzt haben. Im Gegenteil. Die queeren Filme wurden in 300 mehr Kinos gezeigt als 2020. Die Zuschauer haben aber schlicht andere Produktionen bevorzugt.
Und hier sind die zehn erfolgreichsten Filme mit mindestens einem relevanten schwulen, lesbischen, bisexuellen oder trans* Charakter:
1. Eternals (776.400 Kinobesucher)
2. Halloween Kills* (420.200)
3. Candyman* (68.200)
4. Freaky (33.300)
5. Ammonite (32.300)
6. Malasaña 32 - Haus des Bösen (28.900)
7. Stillwater - Gegen jeden Verdacht* (19.800)
8. Große Freiheit (18.000)
9. Supernova (15.700)
10. Sommer 85 (12.000)
10. Titane (12.000)
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Queere Hauptthematik hatten 2021 3,9 % aller Kinofilme. Am Ticketumsatz waren diese Produktionen aber nur zu 0,25 % beteiligt. 2,4 % aller Kinofilme hatten einen schwulen Protagonisten, 0,6 % waren schwerpunktmäßig lesbisch (halb so viel wie 2020), ebenfalls 0,6 % waren trans* und 0,4 % bisexuell.
Die Top Zehn der erfolgreichsten Kinofilme mit schwuler, lesbischer, bisexueller, trans* und queerer Hauptthematik und damit unsere offiziellen Queer Cinema Kinocharts 2021 sieht wie folgt aus:
Queer Cinema Kinocharts 2021
1. Ammonite (32.300 Kinobesucher)
2. Große Freiheit (18.000)
3. Supernova (15.700)
4. Sommer 85 (12.000)
5. Benedetta (7.500)
6. Matthias & Maxime (5.300)
7. Trans - I Got Life (4.200)
8. Glück (3.000)
9. Neubau (2.300)
10. Genderation (2.200)
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Alle Zahlen nach Angaben der Verleiher oder Sekundärquellen, welche ihre Zahlen von der Filmförderungsanstalt (FFA), Media Control oder Comscore beziehen.